Große Zäsur für den Burgnarrenverein

Winfried Kleiner verabschiedet sich aus der Führungsspitze – Motivator und Organisationstalent

Straßberg, 17.11.2010 von Volker Schweizer

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Schon vor vier Jahren hat er aufhören wollen. Nun macht Winfried Kleiner ernst. Der leidenschaftliche Fasnachter verlässt die Spitze des Straßberger Burgnarrenvereins. Nach über 30 Jahren, davon 18 Jahre als Vorsitzender.

Der Abschied bedeutet eine große Zäsur. Denn Winfried Kleiner hat das Straßberger Brauchtum geprägt wie kaum ein anderer. „Die Kraft fehlt, mit der Zeit fühlt man sich ausgelaugt“, begründet er seinen Entschluss. Einen Nachfolger gibt es aber. Der bisherige zweite Vorsitzende Oliver Frahm will am Freitag in der Hauptversammlung in „Winnes“ Fußstapfen treten.

Schon vor der Gründung des Burgnarrenvereins im Jahr 1976 war Winfried Kleiner an den „Hochtagen“ auf der Gass'. Gerne erinnert er sich noch an die Umzüge mit prachtvoll gestalteten Motivwagen am Fasnetsonntag. Dass es die Straßberger Straßenfasnet in der Form nicht mehr gibt, bedauert er etwas.

1981 kürten ihn die Straßberger zu ihrem Prinzen. Zusammen mit seiner Frau „regierte“ er auch in der darauffolgenden Kampagne. Die Narren waren von der Kleiner'schen Regentschaft wohl sehr angetan, denn bereits 1982 wurde er zum zweiten Vorsitzenden gewählt. 1992 übernahm der 60-Jährige schließlich das Amt des ersten Burgvogtes.

Keiner seiner Vorgänger stand länger an der Spitze als er. Klar, dass in dieser langen Zeit einiges gelaufen ist. Winfried Kleiner ging immer vorneweg, regelte vieles im Hintergrund – ohne großes Aufheben. Wenn „seine“ Narren noch feierten, saß der Bau-Fachberater schon zu Hause am Schreibtisch, um die Seiten des Straßberger „Blättles“ mit närrischen Neuigkeiten zu füllen.

Der Burgvogt verstand es aber auch, die Vereinsmitglieder zu motivieren, das ganze Dorf für Großveranstaltungen zu begeistern. Nach Straßberg kommen die Narren gerne, sie wissen, dass in der Fasnetshochburg die Organisation stimmt, sie auf freundliche und zuvorkommende Gastgeber treffen. Dreimal richtete der Burgnarrenverein schon die Ringtreffen des Freundschaftsringes Zollern-Alb aus, einmal sogar das Landestreffen der Württembergischen Karnevalsvereine. Bis zu 10 000 Teilnehmer und die gleiche Anzahl an Zuschauern wurden bei den Massenevents gezählt.

Straßberg war viele Jahre auch bekannt für die große Zeltfasnet. Mittlerweile wird in der Schmeienhalle gefeiert, auch unterm Jahr. Zum Bau des Sport- und Kulturzentrums hat der Verein rund 125 000 Mark beigesteuert. Dies zeigt, dass auch finanziell einiges hängen geblieben ist. Unter Winfried Kleiner wurde außerdem die Zahl der Burgfalken mehr als verdoppelt, die Einzelfigur des Falkners geschaffen, ein Förderverein gegründet und ein Narrenstüble eingerichtet.

Besonders stolz ist Winfried Kleiner auf den alljährlichen Ritterschlag. Dass diese Tradition weitergeführt wird, ist ihm ein Herzensanliegen. Nach dem Stockacher Narrengericht gehöre das Zeremoniell am Schmotzigen Donnerstag zu den herausragendsten Ehrungen im weiten Umkreis. Kleiner hat 30 Prominente zu Rittern geschlagen. Dass man dabei dreimal ohne Prinzenpaar auskommen musste, wertet er als „wenig erfreulich“, die Stimmung hätte allerdings nicht gelitten.

Früher sei es an der Fasnet gemütlicher zugegangen, „es gab weniger Aggressionen, statt Techno klang Schunkelmusik aus den Lautsprechern“, blickt der Straßberger etwas wehmütig zurück. Doch die Zeiten hätten sich gewandelt, was auch die Zahl der Narrentreffen anbelange. Die Burgnarren sind nächstes Jahr an zehn Wochenenden unterwegs. Früher undenkbar, „heute wollen es die Jungen nun mal so“.

In den närrischen Ruhestand will der künftige Ehrenzunftmeister aber nicht gehen. Das Burgnarren-Häs behält er, hinter den Kulissen kann die neue Führung nach wie vor auf seinen reichen Erfahrungsschatz zählen. Sein Nachfolger Oliver Frahm, der seit zwei Jahren Vize ist, gehört seit über zehn Jahren den Burgfalken an. Der künftige zweite Vorsitzende Oliver Gammradt ebenfalls.

Wenn man über Winfried Kleiner schreibt, dürfen auch seine außernärrischen Aktivitäten nicht außen vor bleiben. Denn es gibt fast keinen Bereich, in dem „Mr. Straßberg“ nicht irgendwie mitgemischt hat. Er war zehn Jahre Gemeinderat, Vorsitzender des TSV Straßberg, ein gefürchteter Torjäger und Trainer der Landesliga-Mannschaft. Seit 1972 gehört Kleiner der Feuerwehr an. 1993 wurde er Abteilungskommandant, seit 2003 ist er zudem Gesamtkommandant.